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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: 13 W 43/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 404a |
Oberlandesgericht Stuttgart - 13. Zivilsenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 13 W 43/05
vom 13. September 2005
In Sachen
wegen Beweissicherung
hier: Beschwerde
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Eberle, Richter am Oberlandesgericht Wetzel und Richterin am Oberlandesgericht Gaa
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß der 3. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Tübingen vom 23.6.2005 - 3 OH 4/2005 - abgeändert:
Der Sachverständige wird angewiesen, den zum Zwecke der Erstellung seines Gutachtens zerlegten Motor wieder zusammenzubauen.
2. Der Beschwerdewert wird auf € 250,00 festgesetzt.
Tatbestand:
Im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens über Mängel und deren Ursachen am streitgegenständlichen Fahrzeug, insbesondere an dessen Motor, ordnete das Landgericht durch Beschluß vom 4.5.2005 die Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen an. Zwecks Erstellung seines Gutachtens zerlegte der Sachverständige am 6.6.2005 den Motor, ohne anschließend den Zusammenbau zu veranlassen.
Der Antragsteller begehrt die Weisung des Gerichts an den Sachverständigen, den im Rahmen der Gutachtenerstellung zerlegten Motor des Fahrzeugs wieder zusammenzubauen. Das Landgericht wies den Antrag zurück. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Gemäß § 404a Abs. 1 ZPO hat das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen.
Das Landgericht hat dem Sachverständigen durch Beweisbeschluß vom 4.5.2005 in Verbindung mit seinem Auftragsschreiben vom 9.5.2005 schlüssig die Anweisung erteilt, den Motor zu zerlegen, soweit dies für die Begutachtung erforderlich ist. Der Antragsteller hat sein hierzu erforderliches Einverständnis durch die Antragstellung in Verbindung mit seinem Beweisangebot über die Vorführung des Fahrzeugs beim Sachverständigen konkludent erteilt. Der Sachverständige hat bei seinem Ortstermin am 6.6.2005 den Motor durch die Firma R. in M. zerlegen lassen, ohne den anschließenden Zusammenbau zu veranlassen.
Das Landgericht hat bei einem Eingriff der vorliegenden Art auf Antrag der betroffenen Partei gem. § 404a Abs. 1 ZPO dafür Sorge zu tragen, daß der Sachverständige - notfalls unter Hinzuziehung geeigneter Hilfskräfte - den Motor wieder zusammenbaut (so auch OLG Celle, OLGR 1998, Seite 71, OLG Düsseldorf OLGR 1997, Seite 198; OLG Koblenz, OLGR 2001, Seite 501; Thomas-Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 404a, Rdnr. 2; Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., § 404a Rdnr. 4).
Nach Ansicht des Senates ist hierfür maßgeblich, daß der Antragsteller durch seinen Antrag vom 9.6.2005 zu erkennen gegeben hat, daß er seine erforderliche Zustimmung zur Zerlegung des Motors daran geknüpft hat, daß der Motor nach Abschluß der Begutachtung wieder zusammengebaut wird.
Zwar obliegt es dem Antragsteller als Beweisführer, das Fahrzeug bzw. dessen Motor zwecks Zerlegung zur Verfügung zu stellen, wenn er im Beweisverfahren Nachteile für sich selbst vermeiden will. Der Vorbehalt des anschließenden Zusammenbaues des Motors führt jedoch weder zur Beweisfälligkeit im Falle seiner eigenen Beweislast noch zur Beweisvereitelung im Falle der Beweisbelastung des Gegners. Denn weder die Durchführung der Beweisaufnahme noch das Ergebnis der Beweisaufnahme werden durch diesen Vorbehalt berührt.
Die vom Landgericht im angegriffenen Beschluß und in der Verfügung vom 13.6.2005 geäußerten Bedenken im Hinblick auf die prozessualen Pflichten der Prozeßbeteiligten sowie im Hinblick auf die Stellung und die Haftung des Sachverständigen greifen nicht durch.
Der Sachverständige hat den Motor selbst oder unter Einschaltung von Hilfskräften zu zerlegen und im vorgefundenen Zustand wieder zusammenzubauen. Er ist dabei der weisungsgebundene Gehilfe des Gerichts und wird durch den Zusammenbau nicht zum Vertragspartner einer Partei. Seine Haftung beschränkt sich auf den normalen Umfang der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufspflichten (OLG Frankfurt, BauR 1998, Seite 1052).
Die Obliegenheit des Beweisführers geht nicht so weit, daß sie dem Sachverständigen den Begutachtungsgegenstand kostenfrei augenscheinsmäßig zu präsentieren hat (OLG Frankfurt aaO). Beispielsweise muß jeder medizinische Sachverständige gegebenenfalls Untersuchungen vornehmen, die mit körperlichen Eingriffen verbunden sind, für deren sachgerechte Ausführung er verantwortlich ist, und die er nicht durch den Beweisführer ausführen lassen kann. Bei derartigen Begutachtungen kann er die Untersuchung nicht schon - gewissermaßen auf halbem Wege - zu dem Zeitpunkt beenden, zu dem er die Befunde zur Erstellung seines Gutachtens erhoben hat. Vielmehr muß er auch hier den körperlichen Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Ende führen.
Die Kosten des Zusammenbaues sind Kosten der Beweisaufnahme. Sofern der geleistete Vorschuß des Antragstellers und Beweisführers nicht ausreicht, ist weiterer Vorschuß nachzufordern.
Einer Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bedarf es nicht. Der angefochtene Beschluß ist als Entscheidung im laufenden Verfahren keiner Kostenentscheidung fähig. Insoweit bilden die durch die Beschwerde entstandenen Kosten einen Teil der Gesamtkosten des Verfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch für die Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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